Dienstag, 9. November 2021

RUINEN DER BURG UND STÄDTCHEN TANNEGG:


RUINEN DER BURG UND STÄDTCHEN TANNEGG:

 

Der Tannegger-Grat trägt zahlreiche Spuren von Befestigungsanlagen. Auf dem östlichsten Abschnitt des Grates auf rund 725 m.ü.M. über dem Dorf Dussnang wurde im Mittelalter eine Burg- und vielleicht auch eine Stadtanlage erbaut. Der grösste Teil der Befestigungen ist im Gelände noch schwach erkennbar, vom Hauptturm der Burg liegt das Fundament der Südfassade frei. Die Anlage ist archäologisch kaum erforscht, dagegen ist aus den schriftlichen Quellen relativ viel bekannt. Die Tanegger Gerichtsherrschaft reichte vom toggenburgischen Mosnang nach Sirnach und Bettwiesen in der Landschaft Thurgau.

 

Es ist ziemlich sicher, dass der Konstanzer Bischof Heinrich I. von Tann (von 1233–1248 im Amt) die Burg als Zentrum einer zum Bistum Konstanz gehörenden Herrschaft ausbaute. Die grosse Grundfläche der Vorburg deutet darauf hin, dass zur Burg auch eine kleine Stadtanlage gehörte, die sich allerdings kaum entwickelt hat. Obwohl die Anlage ursprünglich als Machtzentrum des Konstanzer Bischofs im Hinterthurgau geplant war, kam das vom übrigen Herrschaftsgebiet des Bistums entfernte Tanneggeramt bald in andere Abhängigkeit und wurde 1693 schliesslich vollständig ans Kloster Fischingen verkauft. Von der Festung stand bis 1837 noch der Hauptturm aufrecht. Dann wurde auch dieser abgetragen und die Steine fanden Verwendung beim Brückenbau.

 

1997 fand eine archäologische Erforschung und Restaurierung statt. Der Mauerstumpf des Hauptturmes ist deutlich sichtbar, die südliche Mauerflucht aus grossen Findlingen lag stets frei. 1894 konnte der Kunsthistoriker J. R. Rahn die Ruine untersuchen, als der Wald abgeholzt worden war. Erst mehr als hundert Jahre später, im Jahr 1997, wurde die Ruine von der Gemeinde Fischingen und vom Amt für Archäologie des Kantons Thurgau freigelegt, gesäubert, vermessen und restauriert.

 

Die Turmmauer besteht aussen aus grossen Findlingen, die Innenseite ist aus sorgfältig zugehauenen Tuffblöcken zusammengefügt. Die Mauerfüllung bestand aus lagig vermörtelten Tuffquadern und Kieseln. Die Ruine mit ihren imposanten Massen erinnert an Türme, wie sie etwa in Frauenfeld, Arbon, Hegi bei Winterthur, Elgg und anderswo noch in ganzer Grösse erhalten sind. Der Turm auf der Tannegg war rechteckig und mass aussen etwa 15,2 × 11.6 m, innen 8 × 5,2 m – die Bauweise passt übrigens gut ins 13. Jahrhundert n.Chr., also auch in die Amtszeit von Bischof Heinrich I. von Konstanz.

 

Eine Chronik berichtet, dass 1407 während der Appenzeller Kriege die Appenzeller auf ihrer «Burgenbruch-Runde» Burg und Städtchen Tannegg zerstört hätten.

 

BILD: Die Burg Tannegg von Südosten. Zeichnung vor 1837 von einem unbekannten Künstler. Aus einem Manuskript der Zürcher Zentralbibliothek.

 

Bildquelle: Infotafel bei Tannegg

 

Textquelle: Infotafeln bei Tannegg

Samstag, 2. Oktober 2021

OBERWINTERTHUR / VITUDURUM


 

OBERWINTERTHUR / VITUDURUM: (Update 2021)

 

Der heutige Kirchenhügel von Oberwinterthur gilt als der früheste Ort der Besiedelung der Stadt Winterthur. Schon gegen Ende der Eiszeit sollen sich hier Menschen niedergelassen haben. Der Hügel bildete später gleichermassen den Kern der römischen Siedlung «Vitudurum».

 

«Vitudurum» (Oberwinterthur) lag an der wichtigen Verkehrsachse von «Vindonissa» (Windisch) nach «Brigantium» (Bregenz) und wird namentlich in der «Itinerarium Antonini», einem aus dem 3. Jahrhundert stammenden Strassenverzeichnis in Buchform erwähnt.

 

«Vitudurum» war ein römischer Vicus – ein antikes Strassendorf. Es hatte seit der Frühzeit verschiedene Töpfereien in den Hinterhöfen der Parzellen an diversen Orten am Siedlungsrand eingerichtet. In der Mitte des heutigen Kirchenhügels stand das römische Heiligtum, einem so genannten gallorömischen Umgangstempel.

 

Laut einer Inschriftentafel wurde ab 295 n. Chr. ein Kastell errichtet. Dessen bis zu 3 Meter dicken Mauern führten entlang der Hangkante des heutigen Kirchhügels und schütze den Ort vor Germaneneinfälle.

 

Archäologische Ausgrabungen zeugen ausgiebig von der römischen Vergangenheit Oberwinterthurs. Der Ort ist eine der wichtigsten archäologischen Fundstellen im Kanton Zürich. Um ca. 400 n. Chr. fand die römische Siedlung ihr jähes Ende mit dem Abzug der Römer aus diesem Gebiet.

 

Oberwinterthur wurde später wieder als «Venterdura» (843 n. Chr.) und als «Winterduro» (856 n. Chr.) erwähnt. Um 919 n. Chr. wird «Oberunwinterthur» ein weiteres Mal urkundlich genannt. Damals musste Niederwinterthur, dass der heutigen Altstadt Winterthur entspricht, den Zehnten an die Kirche Oberwinterthur (gebaut auf dem ehemaligen römischen Tempel) verrichten. Es dürfte in jenen Tagen eine Konkurrenzsituation zwischen den beiden Orten Oberwinterthur und Niederwinterthur (Stadt Winterthur) bestanden haben. Die Vormachtstellung gegenüber Niederwinterthur verlor Oberwinterthur spätestens mit dem Machtgewinn der Kyburger, die Winterthur zu ihrer Hauptstadt machten.

 

Das heutige Oberwinterthur ist zu einem Stadtteil von Winterthur geworden. Die Häuser im Dorfkern an der «Römerstrasse», deuten den Standort und Ausrichtung der einstigen römischen Streifenhäuser.

 

Bild: Oberwinterthur um das 2. Jahrhundert mit Blick zum Lindberg.

 

Textquelle: Informationstafel Kantonsarchäologie Zürich, Ausgrabungsstätte Ecke Lindbergstrasse/Römerstrasse

 

Bildquelle: Informationstafel Kantonsarchäologie Zürich (Kürzel: SH MM 2000)

 

Erstveröffentlichung: 02. Februar 2016

Update 1: 02. Oktober 2021.